Ein paar einleitende Worte zu diesem Reiseführer ...


Das Land der Katharer, die Corbières, wo ist denn das, wird so mancher stirnrunzelnd fragen. Wir fahren im Frühjahr ins Trainingslager nach Mallorca, vielleicht noch nach Rimini an die italienische Adria und im Sommer in die Alpen, wenn wir es uns richtig geben wollen.
Den Weinliebhabern werden die Corbières eher ein Begriff sein, die Appelation (AOC) ist bekannt für seine kräftigen Rotweine. Historisch interessierte Menschen wissen, dass hier im 13. Jahrhundert die Katharerbewegung ihre Hochburg hatte, und zwar auch im wörtlichen Sinne, denn die Corbières sind übersät mit meist auf Berggipfeln gelegenen Burgen, in die sich die Katharer vor den katholischen Truppen flüchteten.

mit dem Rennrad durch die Gorges de Galamus Die Corbières und das Katharerland in den Departements Aude, Ariège und Pyrénées-Orientales, im Osten vom Mittelmeer, im Norden vom Fluss Aude und dem Canal du Midi und im Westen und Süden vom Hochgebirge der Pyrenäen begrenzt, bilden das Vorgebirge der östlichen Pyrenäen, eine hügelige Gebirgslandschaft, deren höchster Gipfel mit 1230 m der Pic de Bugarach ist. Die von Befestigungsmauern umgebenen Dörfer (Lagrasse, Fabrezan), die Katharen-Schlösser (Queribus, Peyrepertuse, Villerouge, Termes, Puilaurens, Montségur), eingerahmt von unberührter Natur, machen diese Gegend zu einer der schönsten Regionen Frankreichs.
Es gibt keine großen Städte, Carcassone und Narbonne im Norden haben jeweils knapp 50000 Einwohner, Perpignan im Osten etwa 100000, zwischen diesen Polen gibt es nur weit in endloser Landschaft verstreute kleine Dörfer. Die Bevölkerungsdichte, die über das gesamte Departement Aude bei etwa 50 Einwohnern pro qm liegt, sinkt in dieser einsamen Naturlandschaft auf unter 10. Und das macht diese Landschaft gerade interessant für den Rennradfahrer. Es gibt unendlich viele kleine einsame Straßen in meist tadellosem Zustand und praktisch keinen Autoverkehr. Es kann vorkommen, dass man eine halbe Stunde fährt und das einzige Auto, das einem entgegenkommt, ist dasjenige des Postboten. In den Hauptreisezeiten muß natürlich mit etwas mehr Verkehr gerechnen werden.

Blick auf die schneebedeckten Pyrenäen Für den Radsport sind die Corbières auch keine unbekannte Gegend. Die Tour de France ist regelmäßiger Gast. Meist wird hier eine Übergangsetappe von den Pyrenäen zu den Alpen oder in der umgekehrten Richtung gefahren, so auch 2005 auf der Etappe von Agde an der Küste nach Ax-les-Thermes in den Pyrenäen, die von Georg Totschnig bravourös gewonnen wurde. Der Frauenradsport, der bei uns in den Medien leider viel zu kurz kommt, fährt hier einen ihrer Jahreshöhepunkte aus, die Tour de l’Aude. Zehn Tage kämpfen im Mai alle namhaften Teams um das gelbe Trikot, das in den letzten Jahren praktisch für deutsche Fahrerinnen abonniert war: 2000 Hanka Kupfernagel, 2002 und 2003 Judith Arndt, zuletzt 2004 von Trixi Worrack.

Das Terrain ist anspruchsvoll, kein Zweifel. Flachetappen findet man eher selten, es sei denn man fährt an die Küste in Richtung Rivesaltes und Leucate. Ein etwa 15 km breiter Küstenstreifen ist topfeben und kann gut in einer Erholungsetappe am Ruhetag befahren werden. Allerdings ist die Küste auch wesentlich dichter besiedelt als das Hinterland und es ist deshalb mit mehr Autoverkehr zu rechnen. Dafür ist hier oft das Wetter besser und es ist immer ein paar Grad wärmer als in den Bergen. Bevor man also im Frühjahr oder Herbst an einem Regentag irgendwo mitten in den Hoch-Corbières Trübsal bläst und sich über die ausgefallene Etappe ärgert sollte man lieber mal die 30 - 40 Kilometer Richtung Küste fahren und schauen ob es dort besser ist.
ein wohlverdientes Bier nach 130 km Die Land der Katharer aber ist durchweg hügelig bis schroff. Es gibt unzählige Pässe (Cols), die auch alle ordentlich ausgeschildert und mit Höhenangabe markiert sind. Es gibt Passjäger, die mit GPS System unterwegs sind und hier jeden Pass, den sie auf irgendeiner Karte finden können abfahren. Die Anstiege gehen oft über einige 100 Höhenmeter mit 5 – 8%, die Abfahrten natürlich ebenso. Insgesamt ist das Terrain nicht so nervös wie zum Beispiel mein Heimatrevier, die belgischen Ardennen und die Eifel mit ihrer stetigen Abfolge aus relativ kurzen Anstiegen und Abfahrten. Es geht gleichmäßiger zu mit langen Rampen. Wer seinen Puls richtig ans Limit bringen will sollte sich die Katharerburgen vornehmen. Wie schon gesagt liegen diese Burgen meist auf Felsgipfeln und sind auch meist über Stichstraßen zu erreichen. Aber Achtung, um einige Kilometer mit bis zu 20% klettern zu können sollten schon einige Kraftreserven vorhanden sein.

Woran liegt es denn nun, dass die das Le Pays Cathare als Rennradterrain so relativ unbekannt sind? Vielleicht wird der mögliche Fahrradtourist zunächst von der scheinbar fehlenden touristischen Infrastruktur abgeschreckt? Wenn man von der Küstenregion absieht gibt es keine Hotels und nur wenige Restaurants. Wer auf einer Etappe Mittags einkehren will oder auch nur etwas einkaufen möchte muß schon genau planen. auf dem Col de Bedos Die meisten Dörfer haben nicht einmal eine Boulangerie oder einen Laden und werden nur durch mobile Händler versorgt. Wer Wert auf luxuriöse 4 Sterne Unterkunft, Nightlife, Sehen und Gesehen werden legt, ist hier sicherlich fehl am Platz. Hier hat ein anderer, nennen wir es mal sanfter Tourismus seinen Platz. Unterkünfte gibt es natürlich jede Menge, in der Form von Ferienwohnungen, Chambres d’Hôte und Gites d’Etape, die vielleicht manchmal nicht ganz einfach zu finden sind.
Das soll auch nicht heißen, dass die Unterkünfte nicht komfortabel sind, im Gegenteil. Statt steriler und geschäftsmäßiger Hotelabfertigung bieten die Unterkünfte hier einen naturnahen, romantischen Charme, oft in typischen alten Dörfern mit engen Gassen aus Bruchsteinhäusern oder an idyllischen, einsamen Plätzen gelegen, sind sie liebevoll restauriert und herausgeputzt. Man wohnt meist mit den Wirten in einem Haus und wird sozusagen mit in die Familie aufgenommen. Daraus ergeben sich fast zwangsläufig auch Kontakte zu den übrigen Gästen und oft wird abends am Tisch in drei oder vier Sprachen palavert und notfalls werden noch Hände und Füße zur Hilfe genommen.

Kurzum, die Corbieres gehören für mich zu den schönsten und abwechslungsreichsten Landschaften und geradzu ideal für einen naturnahen anspruchsvollen Rennradurlaub, bei dem weder die Kultur, die Erholung, der Genuß noch das gastfreundschaftliche Ambiente zu kurz kommen. Hier sind meine persönlichen Top 7 Gründe für einen Rennradurlaub im Katharerland. Ich wünsche euch, dass ihr dieselben schönen Erfahrungen macht, die ich seit zehn Jahren bei meinen regelmässigen Rennradtouren und Besuchen in den Corbières gemacht habe.


[Startseite]